Monday, October 19, 2009

Hopfenanbau und Sonderwirtschaftszonen

Für diesen Blogpost begeben wir uns ein bisschen in das Mittelalter, genauer nach Nürnberg. Es geht um Hopfenanbau, da dieser sehr wichtig ist für die Bierbrauer und damit für die lokale Bevölkerung, für die Bier und Brot zum überleben gehört.
Aber es geht noch weiter, Bier wird in dieser Zeit auch schon exportiert, wenn auch nicht sehr weit, da Filtration immer noch ein Fremdwort ist.

Jetzt wurde zu dieser Zeit kräftig gepunsht, d.h. die Bauern verdünnten ihr Bier mit Asche oder nahmen billigen verschwefelten Hopfen. Das taten die Bauern nicht, weil sie bösartig oder gierig sind, sondern einfach nur weil sie überleben wollten und der Staat ihnen mehr und mehr den Spielraum nahm. Die Folge war ein Verbot von geschwefeltem Hopfen durch den Kaiser des heiligen römischen Reiches. Dieses Edikt verbat überall die Nutzung von schwefelhaltigem Hopfen, was die Hopfenbauern in Nürnberg nicht sehr gerne sahen, da sie auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ohne den Schwefelanteil nicht produzieren konnten.

Sie beauftragten deshalb den Chemiker (und berühmte Persönlichkeit) Liebig (KUNSTDÜNGER!!!) mit der Untersuchung des Hopfens und ob Schwefel wirklich gefährlich für den Menschen war, da es minderwertiges Bier erzeugte. Liebig kam zu dem Ergebnis, dass dies nicht stimmte und es wurde dem Kaiser eine Petition überreicht.
Jetzt kam der Kaiser zu dem unglaublichen Entschluss, dass diese Ergebnisse rechtens waren und erlies folgendes Edikt:

"Die Verwendung von schwefelhaltigem Hopfen ist überall verboten, AUSSER in Nürnberg". Und kreierte damit eine gesetzliche Sonderwirtschaftszone, wie man sie aus Staaten wie der DDR, Nordkorea u.ä. kennt. Es ist eine gesetzliche Bevorzugung einer Region (ähnlich einer Bevorzugung eines Unternehmens oder eine Gruppe: Zunftwesen oder Handwerkskammer, oder eben Deutsche Post gegenüber MItbewerbern).

Die Folge war, dass aus 42 Hopfenbetrieben in jenem Jahr binnen 10 Jahren 500 Betriebe wurden. Und auch heute gehört Nürnberg noch zu den Weltmarktführern beim Hopfenanbau.
Es ist die klassische Geschichte von direkten Markteingriffen und ihren Folgen, die von traditionellen Wirtschaftswissenschaftlern schon immer als höchst drastisch und gefährlich angesehen wurden.

Ich fande diese Geschichte so interessant, weil der Effekt so drastisch war und die Durchführung so überaus anschaulich, da nur ein Parameter verändert wurde!

Es sollte all jenen eine Lehre sein, die versuchen Branchen oder Unternehmenszweige zu kontrollieren. Es sollte auch eine Lehre dafür sein, wie schnell man Wohlstand schaffen kann, wenn man nur den Markt frei lässt. Den selben Effekt sieht man übrigens auch beim Vergleich Deutschland und Schweiz. In Schweiz sind die Steuern niedriger als in Deutschland, weshalb die Netto-Immigration in die Schweiz durch Deutsche höher ist, als anders herum.

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