Tuesday, February 02, 2010

Spiegel-Leserbrief: Scientology und Glauben

Zu dem Thema hab ich einen Leserbrief an den Spiegel geschrieben, nach dem sich der Spiegel-Redakteur abfällig über den Glauben der Scientologen lustig gemacht hat:

Sehr geehrte Spiegel-Redaktion,

es ist leichter an so etwas abgefahrenes wie Scientology zu glauben, als man denken mag. Dies liegt unter anderem auch daran, dass Religion aus dem europäischen DEnken mehr und mehr in seiner klassischen Form verschwindet. Die christliche Kirche ist diskreditiert und verliert immer mehr Halt in der Gesellschaft. Niemand glaubt mehr an den heiligen Geist oder einen ominösen Gott von dem man sich kein Bild machen darf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Mehrheit der Menschen jetzt aufgeklärte Menschen sind, die solchen Unfug nicht mehr brauchen, nein, ganz im Gegenteil. Die diskreditierte Religion wird durch Ersatzreligionen substituiert. Diese können offensichtlicher Unfug sein, wie UFOs oder Thetane, oder aber sie können noch viel subtiler vorkommen (Scientology beginnt mit psychologischer Beratung!).

Nicht von ungefähr ist in Deutschland eine riesige Anhängerschar der Homöopathie zu beobachten, obwohl diese Methoden keinen wissenschaftlichen Nährboden haben (Gedächtnis des Wasser ist eine Idee aus dem 18. Jahrh.).
Es hört dort nicht auf, es gibt noch ganz andere Ersatzreligionen, die mehr oder weniger gut wissenschaftlich begründbar sind: Es gibt Marxismus und Sozialismus. Es gibt freie Marktwirtschaft (an welche ich Glaube). Es gibt Ökologie und die Vergötterung der natürlichen Erde in einem konstanten Zustand. Es gibt den unbändigen Glauben in den allmächtigen und guten Staat usw.

Nur weil der Mensch nicht mehr an die klassischen Religionen glauben, heißt das nicht, dass das Bedürfnis des Menschen nach Glauben verschwunden ist. Dies soll keine Verteidigung der windigen Scientology-Organisation sein (wie auch die Kirche eine nicht ganz koshere Vereinigung ist), aber dennoch eine Kritik an der Vermutung, dass nur der Glauben lächerlich ist.

Mit freundlichen Grüßen,
Max S

Ich denke das trifft es sehr gut.

No comments: