Monday, February 25, 2013

Wider dem "faulen" Franzosen! - Eine Replik

Es wird ja gerne behauptet, dass die Griechen, Italiener, Spanier, Portugiesen und ja auch die Franzosen in ihrer ökonomischen Misere sitzen, weil sie nicht so produktiv wären, wie Ihre angel-sächsischen oder germanischen Kollegen. Es mag sein, dass eine Fabrik, die vor dem Verkauf steht, nicht sehr poduktiv ist (wie auch, sie haben wenig zu tun als zu hoffen und zu bangen).
Es mag auch sein, dass die Gewerkschaften in ihrer Arroganz in Frankreich ein Problem darstellen (dafür gibt es genug objektive Beweise, genauso wie Berichte von Cadre-Angestellten in Frankreich).

Dennoch ist der durchschnittliche Franzose in seinen 35 h meist sehr produktiv, auch weil der gehobene Arbeiter weit mehr als 35 h absolviert. Ich möchte hier nur eine kleine Vergleichsliste zitieren:

 (US$ produced per hour per worker ):
Luxembourg : 57.5France : 56.6Belgium : 55.9Ireland : 51.8Italy : 50.3Austria : 46.4Germany : 45.0Netherlands : 44.5Sweden : 42.6Finland : 42.6UK : 42.0Denmark : 40.4Malta : 35.7Spain : 34.2Estonia : 34.0Greece : 33.1Slovenia : 30.7Slovakia : 27.8Cyprus : 27.3Portugal : 25.6Latvia : 23.9Hungary : 23.1Poland : 22.4Lithuania : 21.5Czech Republic : 18.6Bulgaria : 17.8Romania : 10.0------------------Iceland : 29.4Norway : 53.0Switzerland : 35.6Turkey : 28.5Japan : 37.3USA : 49.6

Eine sehr interessante Liste, denn der Franzose ist wesentlich produktiver als seine Kollegen in den USA, Deutschland, Großbritannien oder der Schweiz. Dennoch geht es all diesen Ländern (mit Außnahme von GB) besser als den Franzosen. Den Grund also in der Faulheit des Franzosen zu suchen, ist vielleicht nicht aller Weisheit letzter Schluß. Man kann jetzt natürlich anfangen, diese Werte in Frage zu stellen:


  • Macht nicht die Tatsache die Franzosen produktiver, dass unproduktive Leute einfach arbeitslos sind (hohe Arbeitslosenquote)
  • Ist eventuell die Distribution der Produktivität in anderen Ländern anders? (Cadre arbeitet mehr als nur die 35 h oft bis zu 60 h)

Ich denke jedoch, dass eine solche Betrachtung nicht wirklich weiter hilft. Es wird wahrscheinlich das Bild nicht einmal sonderlich verändern. Es ist etwas anderes, dass an der französischen Misere Schuld ist, dass indirekt damit zusammen hängt. Der Arbeitsmarkt ist rigide, unflexible und kann sich somit auf die moderne Wirtschaft nur schwer einstellen. Arbeitsbedingungen sind unabänderlich. In den meisten produzierenden Gewerben gibt es starke und unbewegliche Gewerkschaften, die jegliche Änderungen verhindern.
Dies geht von der Automobilindustrie bis hin zur Zuckerraffinierung und die Landwirtschaft.

Auch in Deutschland gibt es einen Arbeiterkampf bzw. die eine oder andere Demonstration, aber nirgends ist die Beziehung zwischen Angestelltem und allem was dieser als "Chef" ansieht (auch nicht weisungsbefugte Ingenieure!!) so schlecht, wie in Frankreich. Und genau hier liegt das Problem, denn anstatt einem Miteinander hat man immer ein Gegeneinander. Anstatt einem Betriebsrats-Konsens mit dem Management gibt es Streiks und Ablehnung. Es kommt nicht mal ein "fauler" Kompromiss heraus. Deshalb wäre so etwas wie Kurzarbeit in Frankreich undenkbar.

Doch es geht noch weiter, denn der franz. Staat macht es Unternehmen unter dem Druck der Gewerkschaften unmöglich auch in anderen Dingen flexible zu sein (es sei denn man hat jemanden im Kabinett des Präsidenten sitzen). Diverse regulierende Gesetze verpflichten kleine Unternehmen zu Sozialmaßnahmen, Gewerkschaftsbildungen u. ä. Overhead obwohl sie nicht die finanzielle Stärke haben. Das Resultat ist, dass viele kleine Unternehmen mit guten Ideen niemals die magischen Grenzen von 50 oder 250 Mitarbeitern überschreiten.

Es sind diese unflexible Ansichten, die von einer Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden, als "Systeme Francaise", quasi einem Gegenentwurf zum vermuteten angelsächsischen Kapitalismus.
Es ist ein kulturelles Problem und das macht es eben so schwer das System zu ändern. Vor dem ökonomischen Wandel muss eine gesellschaftliche Einsicht kommen, sich zu wandeln.

Andere Artikel zum Thema:

http://freiseinundbleiben.blogspot.com/2012/12/armutsfalle-in-frankreich.html

http://freiseinundbleiben.blogspot.com/2011/10/mindestlohn.html



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