Monday, June 23, 2014

Ökonomisierte Bildung oder Werteverfall

Nicht sehr überzeugt hat mich dieser Beitrag in der Welt zur Bildungssituation. Es kam mir mehr wie Werbung für sein Buch vor, als eine Erklärung seiner Ideen. Er setzt gewisse Sichtweise einfach voraus, als zu erklären, warum es denn so ist.

Ich möchte mich hier nur mit zwei, drei allgemeinen wichtigen Punkten in dem Beitrag auseinandersetzen, die ich für wichtig halte. Nicht nur hält er uns alle für dumm und egoistisch, zumindest wenn er so über alle nach den 68ern redet. Nein, er meint auch noch diese Leute hätten große Ideen gehabt. Wenn die Verklärung der Sowjet Union eine große Idee ist, dann würde ich sagen, der Bildungsstand kann nicht alles sein.

Aber aus der Sicht der Leute aus den 50ern oder den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren auch schon die 68er ungebildet. Ja, es gab einige Intellektuellen die sogar die Leute aus den 1920er als Mindergebildet auswiesen, im Vergleich zu der umfassenden Bildung des späten 19. Jahrhunderts (natürlich nur für wohlgeborene oder Neureiche). Damals wurden auch in den Universitäten noch neben Mathe, Ingenieurskunst auch noch Sprache, Geschichte und Theologie gelehrt. War das besser? Vielleicht, allerdings wäre es in der heutigen Zeit kaum möglich so umfassend zu unterrichten und trotzdem noch nützliche Fähigkeiten in einem speziellen Fach wie Infomatik in den Studienplan zu integrieren.

Es ist auch interessant, dass solche Kritiken immer aus der Ecke der "nicht-ökonomisierten" Studiengänge kommt, die wohl auch in der heutigen Zeit einen Minderwertigkeitskomplex zu bekämpfen haben und oft nur Arbeiten zu liefern haben, deren Nutzwert und deren Qualität zweifelhaft ist. Man schaue sich nur die ganzen Doktorarbeit-Skandälchen der letzten Jahre an. In welchen Fächern waren die denn überproportional vertreten (das soll nicht heißen, dass es in den STEM insgesamt besser ist, nur schwerer).

Und dann der Vorwurf der "ökonomisierten Bildung", was auch immer das heißt. Der einzige Hinweis findet sich weiter unten, in dem der Herr davon spricht, dass OECD, die Wirtschaft und PISA darauf drängen, dass wichtige Technische Fächer mehr Bedeutung bekommen sollten. Er sieht darin gleich den Niedergang und die Vernachlässigung der geisteswissenschaftlichen Fächer. Das jedoch die Wirtschaft sich auch nur um die für Sie wichtigen Fächer kümmert, sollte nicht überraschen. Es ist in ihrem Lobbyinteresse.
Gleichfalls jedoch gibt es auch eine große pan-europäische Gemeinde der Elitären. Was ich damit meine, ist das folgende: Im Gegensatz zu den meisten Amerikanischen Progressiven, sind in Deutschland und Europa im Linken wie auch im Rechten Bürgertum elitäre Bildungswünsche vorhanden. Man möchte das seine Kinder gut und umfassend ausgebildet werden. Nur deshalb gibt es in Europa einen riesen Aufschrei, wenn PISA oder OECD Zahlen schlecht sind, in den USA wird dann mehr darüber nachgedacht, wie man Schwarzen bessere Noten schenken kann, oder das vielleicht SATs zu schwer sind.

Ganz anders in Deutschland, bis auf ein paar nördliche SPD/Linke/Grüne-Länder, ist es hier hoch angesehen ein gewisses Niveau zu erhalten und die Schüler zu fordern. Man möchte in Konkurrenz mit anderen Ländern weiterhin vorne sein. Schlechte Lesefähigkeit, wie auch schlechte Mathefähigkeit wird in beiden Fällen kritisiert. Ich sehe hier weder ein rein ökonomischen Beweggrund, dass die Schule seit mehr als 30 Jahren immer schlechter ausbildet, sondern einen generellen Verfall der Anforderungen an Schüler, trotz des Wunsches vieler Deutscher.

Hierfür jedoch ist eben nicht die Wirtschaft, die mangelnde Ausbildung in Mathe und Deutsch schon seit Jahren beklagt (siehe IHK-Mahnungen) verantwortlich, sondern der Lehrplan der jeweiligen Bundesländer. Auch seine eigene Argumentation steht hier im Weg, hält er die Jugendlichen auf der einen Seite für überfordert und beschwert sich dann, dass das Bildungsniveau sinkt. Kann es nicht eher sein, dass Jugendliche immer weniger gefordert werden und deshalb das Bildungsniveau nicht mehr steigt?

Schon der Umstieg von Leistungs- auf Kernkompetenzfächer bedeutete den Verlust von 1h Schulstunde pro Woche und dann noch G12 statt G13, da muss der Lehrplan leiden. Das akkumuliert sich und so müssen Fächer abgekürzt, Lehrpläne zusammen gestrichen werden. Gerne hätte ich mehr über die Geschichte Deutschlands im 30jährigen Krieg gehört (ohoh von einem Techniker Interesse an Geschichte!!! Laut ihm dürfte ich nicht existieren). Wer allerdings wirklich etwas lernen wollte über die Eroberungen des Schwedenkönigs Gustav Adolf in Deutschland, über die Protestantische Union, den Machenschaften des Richelieu in Südwestdeutschland und die kaiserlich Österreichische Verteidigung der katholischen Kirche von Bayern aus (immer bedrängt von den aufständischen Ungarn), der musste sich das in seiner Freizeit beibringen von der Schulbildung konnte man hier außer ein paar Jahreszahlen nicht viel erwarten.
Dabei wäre eine Lektüre von Friedrich Schillers "Der 30jährige Krieg" wahrscheinlich schon ausreichend.

Manchmal reicht auch einfach schon Wikipedia, jedoch sollte man hier die Deutsche bei politischen Themen meiden, da sie leider nicht sehr wissenschaftlich ist, sondern eher ideologisch gefärbt. Wenn die deutsche Wikipedia recht hätte, dann gäbe es nur schlechtes am Liberalismus, am Konservatismus.

Doch als Fazit kann man mitnehmen: Der Mann hat Recht mangelnde Bildung in Deutschland zu kritisieren, jedoch halte ich seine Gründe dafür als völlig absurd und falsch. Es ist eben nicht eine einseitige Verschiebung, sondern die Tatsache, dass alle Landesregierungen seit Jahren die Qualität in allen Bereichen reduziert haben. Es gibt jedoch auch immer noch ein Nord-Süd-Gefälle, allerdings der schlechten Art: Der Norden senkt das Niveau einfach nur schneller...

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